
DIE KUNST DER PRÄZISEN SCHÜSSE
TEIL II – Einstellen der Optik auf den Schützen
Beim Long Range Shooting oder der Jagd auf große Distanzen ist die richtige Einstellung der Optik unerlässlich, um präzise und wiederholbare Schüsse abzugeben. Eine falsche Ausrichtung oder Einstellung kann nicht nur die Treffgenauigkeit beeinträchtigen, sondern auch zu gefährlichen Situationen oder Unfällen führen. In diesem Artikel erläutern wir die wesentlichen Faktoren der richtigen Optikeinstellung: Augenabstand, Dioptrienausgleich und Parallaxenausgleich.
Der Schlüssel zur perfekten Sicht
Der Augenabstand
Der Augenabstand, auch Pupillenschnittweite genannt, bezeichnet den optimalen Abstand zwischen der Okularlinse des Zielfernrohrs (ZF) und der Pupille des Auges des Schützen. Dieser Abstand ist entscheidend, um das gesamte Sehfeld des Zielfernrohrs klar zu erfassen, ohne dass Schatten oder Unschärfen in den Bildrändern auftreten. Der richtige Augenabstand sorgt dafür, dass das Bild im Zielfernrohr vollständig und hell ist. Ist das Auge zu weit entfernt oder zu nah an der Optik, entstehen in den äußeren Bereichen des Sichtfeldes störende Schatten. Diese Schatten sind die Spiegelung des Mittelrohrs des Zielfernrohrs und werden für den Schützen als schwarzer Rand sichtbar.

Grundsätzlich bestimmt derjenige, der das Zielfernrohr montiert den Augenabstand durch die Montage des Zielfernrohrs. Jedoch hat man die Möglichkeit, wenn man das ZF nicht selbst montieren möchte, dem Büchsenmacher einen Augenabstand vorzugeben oder bei der Montage dabei zu sein. Man kann sich den idealen Augenabstand visualisieren, indem man das ZF in die Montage legt, den Schützen hinter der Optik platziert und in den Anschlag gehen lässt. Danach schließt der Schütze die Augen und der Büchsenmacher leuchtet mit einer Taschenlampe von vorne in das Zielfernrohr. Nun entsteht ein Lichtkegel auf dem Augenlied des Schützen. Der Büchsenmacher schiebt nun das ZF so lange nach vorne bzw. hinten bis der Lichtkegel möglichst klein ist. Der Punkt, an dem der Lichtkegel den kleinsten Umfang hat, ist die Pupillenschnittweite und der ideale Augenabstand.
Neben dem Augenabstand spielt die Position des Kopfes hinter der Optik eine zentrale Rolle. Anfänger machen häufig den Fehler, dass sie ihre Körperposition der Optik anpassen, anstatt das Zielfernrohr richtig auf ihre Schießposition auszurichten. Dies kann nicht nur zu Unschärfen im Sichtfeld führen, sondern auch die Treffsicherheit beeinträchtigen.
Ein häufiger Indikator für eine falsche Kopfposition sind Schatten am Rand des Sichtfeldes. Diese entstehen, wenn der Augapfel nicht exakt im Zentrum des Okulars positioniert ist. Befindet sich der Kopf zu tief hinter dem Zielfernrohr, treten Schatten an der Unterseite des Bildes auf. Ist der Kopf hingegen zu hoch, entstehen Schatten an der Unterseite des Sichtfeldes. Um dies zu vermeiden, ist es wichtig, eine konsistente Kopfhaltung hinter der Optik einzunehmen. Viele moderne Gewehre verfügen über verstellbare Schafthöhen, um die Kopfposition optimal an das Zielfernrohr anzupassen. Dies ist besonders in Wettkampfsituationen oder für militärische Einsätze wichtig, wo Präzision und Konsistenz entscheidend sind.
Der Dioptrienausgleich

Besonders bei hohen Vergrößerungen, die beim Long Range Shooting oft verwendet werden, ist eine präzise Dioptrieneinstellung unerlässlich, um das Absehen klar zu erkennen und die Zielgenauigkeit zu maximieren. Idealerweise schaut man mit der Optik in den Himmel und stellt dann das Absehen mittels des Dioptrinausgleich scharf. Das ZP5 von MINOX hat die Besonderheit, dass der Dioptrinausgleich sperrbar ist. Hierdurch erreicht man, dass nicht zu ungewollten Verstellungen der Dioptrineinstellung kommt.
Präzision auf große Entfernungen
Der Parallaxenausgleich ist ein weiterer wichtiger Faktor beim Einstellen des Zielfernrohrs, insbesondere bei Long Range Schüssen. Der Begriff Parallaxe beschreibt den scheinbaren Versatz des Absehens gegenüber dem Ziel, wenn der Schütze nicht zentrisch durch das Zielfernrohr blickt. Dies kann zu erheblichen Zielfehlern führen, vor allem auf weite Distanzen.
Ein einfaches Beispiel für Parallaxe ist das sogenannte Daumensprung-Phänomen: Wenn man den Daumen etwa 10 cm vor das Gesicht hält und abwechselnd nur mit einem Auge darauf schaut, scheint sich der Daumen zu bewegen, obwohl er in Wirklichkeit stillsteht. Ein ähnlicher Effekt tritt auf, wenn der Schütze durch das Zielfernrohr schaut, aber nicht in der optischen Achse des Glases liegt. Die Position des Absehens verändert sich scheinbar relativ zum Ziel.

Zielfernrohre sind in der Regel auf eine bestimmte Entfernung parallaxefrei, was bedeutet, dass es bei dieser Entfernung keine Abweichung des Absehens gibt, unabhängig davon, wie der Schütze durch die Optik schaut. Bei den meisten Jagd- und Sportoptiken liegt diese parallaxefreie Distanz bei 100 Metern. Wenn das Ziel jedoch weiter entfernt ist, kann die Parallaxe zu einem Problem werden, insbesondere auf Distanzen von über 200 Metern. In solchen Fällen wird der Parallaxenausgleich notwendig.
Moderne Zielfernrohre, insbesondere solche für das Long Range Shooting, verfügen über einen Parallaxenausgleich, mit dem der Schütze die Zieloptik auf die jeweilige Schussentfernung einstellen kann. Dieser Ausgleich erfolgt über eine Verstelleinheit, die meist seitlich am Zielfernrohr angebracht ist. Mit Hilfe des Parallaxenausgleichs kann die Bildschärfe auf große Entfernungen präzise eingestellt werden, wodurch Zielfehler minimiert werden.
Feinschliff beim Parallaxenausgleich
Um den Parallaxenausgleich korrekt einzustellen, sollte der Schütze das Zielfernrohr auf die gewünschte Entfernung scharfstellen. Dies erfolgt in mehreren Schritten:
- Der Schütze hat bereits die Dioptrin richtig eingestellt, wie oben beschrieben.
- Danach visiert der Schütze das Ziel an und dreht so lange am Prallaxenausgleich, bis das Absehen und das Ziel scharf zu erkennen sind.
- Ein einfacher Test, um sicherzustellen, dass die Parallaxe korrekt eingestellt ist, besteht darin, den Kopf leicht zu bewegen (bewusstes Verschieben der Sichtlinie des Schützens gegenüber der Visierlinie des ZF). Wenn das Absehen relativ zum Ziel stillsteht, ist die Parallaxe richtig eingestellt. Bewegt sich das Absehen jedoch scheinbar über das Ziel, muss der Parallaxenausgleich noch einmal nachjustiert werden.
Der Parallaxenausgleich sorgt nicht nur für eine bessere Schärfe und Präzision, sondern kann auch als Entfernungsmesser verwendet werden. Einige Zielfernrohre verfügen über Skalen auf der Parallaxenverstellung, die es dem Schützen ermöglichen, die Entfernung zum Ziel zu bestimmen, indem er den Parallaxenausgleich richtig einstellt. Allerdings darf man sich durch die Skalen auf dem Parallaxenausgleich nicht zu sehr verleiten lassen, da der Parallaxenfehler von mehreren Faktoren abhängt somit die Aufschrift auf der Skala nicht immer korrekt sein muss.
Optimale Präzision für Erfolg und Sicherheit
Die richtige Einstellung der Optik ist entscheidend für den Erfolg beim Long Range Shooting und der Jagd auf große Entfernungen. Der Augenabstand, die Kopfposition, der Dioptrienausgleich und der Parallaxenausgleich sind die zentralen Elemente, die die Präzision und Sicherheit des Schusses maßgeblich beeinflussen. Indem man diese Faktoren sorgfältig einstellt und regelmäßig überprüft, kann man sicherstellen, dass die Optik optimal auf den Schützen abgestimmt ist und präzise Schüsse ermöglicht. Eine gut eingestellte Optik bedeutet nicht nur mehr Erfolg, sondern auch mehr Sicherheit, sowohl auf dem Schießstand als auch in der freien Wildbahn.

Vom Einstellen zur Anwendung – trainieren mit dem MINOX-Target
Die korrekte Einstellung von Augenabstand, Dioptrienausgleich und Parallaxenausgleich bildet die Grundlage für präzises Long Range Schießen. Doch erst im praktischen Einsatz zeigt sich, ob die Optik wirklich optimal auf den Schützen abgestimmt ist. Genau hier setzt die MINOX Long Range Zielscheibe an: Sie wurde für die 100-Meter-Distanz entwickelt und ermöglicht es, die getätigten Einstellungen unter realen Bedingungen zu überprüfen und gezielt zu trainieren – etwa durch die Kontrolle der Treffpunktlage oder Übungen zur Wiederholgenauigkeit.


Michael Gast
Michael „Gasti“ Gast ist ehemaliger Fallschirmjägeroffizier und Zugführer der spezialisierten Kräfte HEER EGB. Im Zuge der Ausbildung zum Offizier der Fallschirmjägertruppe hat er an der Bundeswehruniversität in Hamburg Betriebswirtschaftslehre studiert und wurde zum Schießlehrer und Schießlehrer spezialisierte Kräfte ausgebildet. Nach dem Ausscheiden aus dem Dienst hat sich Michael selbstständig gemacht und führt den IHK-Schießausbilderlehrgang durch, bildet Landesforstbetriebe im Schießen aus und betreibt den Jagdwaffenhandel 1MOA GmbH.
Ausrüstung:
HMS Strasser RS700 in 6,5 PRC
MINOX MD80ZR
MINOX Zielfernrohr PRO ZP5 5-25x56
MINOX Zielfernrohr LONG-RANGE